Liebe Krippenfreundinnen!
Liebe Krippenfreunde!
„Ich verkünde euch eine große Freude“, sagte der Engel zu den Hirten, „Heute ist euch in der Stadt Davids der Retter geboren“ (Lk 2,11)! Diese Freude erfüllt den ganzen Erdkreis, sie erfasst alle Menschen guten Willens!
Weil sich echte Freude mitteilen will, wünschen wir uns gegenseitig gesegnete Weihnachten. Wir tun dies mündlich oder auch schriftlich. Und wer würde sich über eine schöne Weihnachtskarte nicht freuen?
Einen Brief von der letzten Weihnachtspost habe ich auf die Seite gelegt. Denn ein Satz in diesem Schreiben hat mich elektrisiert! Er heißt: „Weihnachten ist keine Jahreszeit; Weihnachten ist ein Gefühl!“ Da musste ich, ehrlich gesagt, zunächst einmal durchatmen! „Weihnachten ist keine Jahreszeit; Weihnachten ist ein Gefühl!“
Wenn Weihnachten tatsächlich nur ein Gefühl wäre, dann würde es auch keine Christmette geben. Dann gäbe es auch keine Kirche. Dann wäre die abendländische Geschichte völlig anders verlaufen! - Und was wäre dann mit jenen, die keine weihnachtlichen Gefühle spüren? Die Kranken und die Vielen, die irgendwo am Rande ihr Dasein fristen, mehr dahinvegetieren als leben: die Armen und Ausgebeuteten, die Hilfslosen und Namenlosen, die Flüchtlinge und Kriegsgefangenen usw. Für sie würde dann Weihnachten gar nicht stattfinden! Das wäre doch die Folge oder?
Doch für uns ist Weihnachten eine Realität! Weihnachten ist das Fest der Geburt Christi! Für uns Christen ist Weihnachten der große Wendepunkt der Geschichte; das Fundament unseres Glaubens und damit der Boden, auf dem wir stehen!
Und wieso ist Gott Mensch geworden? Weil Gott die Nähe der Menschen, d.h. unsere Nähe sucht, deswegen ist er in Jesus Christus eingetreten in unsere Welt, in unsere Geschichte, in unser Leben, damit wir nicht allein sind, sondern uns bei ihm anhalten können in Freund und Leid, im Auf und Ab des Lebens! Denn das göttliche Kind, der Gottessohn ist unsere Hoffnung, der Immanuel, der Gott mit uns!
Als Gott Mensch wurde, kam er in eine keineswegs heile Welt. Unterwegs, sozusagen als Flüchtlingskind wurde er geboren, weil in der Herberge kein Platz für ihn war. Außenseiter haben zuerst davon erfahren. Eine verrückte Welt! Aber ob das nicht auch unsere Welt ist? Und genau da hinein wurde Gott geboren; ganz hinein auch in unsere, in meine und deine Welt mit all den Fragenzeichen, Rissen und Verwundungen, die uns oft so zu schaffen machen und unter denen wir leiden. Da hinein wurde Gott geboren.
Seitdem aber ist unsere Welt keine gottlose Welt mehr! Mag es oft auch so scheinen: denn ER ist da. Aber er drängt sich nicht auf. Gott kommt nicht laut, nicht mit Bomben und Granaten, sondern als Kind: unscheinbar, verletzlich. Man kann ihn übersehen, überhören, übergehen. Aber er ist dennoch da. Vor allem dort, wo mein Leben aus den Fugen geraten ist. Denn gerade deswegen ist er Mensch geworden, um mein Leben mit seiner Liebe zu füllen.
Gefunden haben ihn damals - ich meine den Gott in Menschengestalt -, nicht die Großen und Einflussreichen, sondern die kleinen und demütigen Herzen; die Hirten z.B., denn sie waren offen für die leisen Klopfzeichen Gottes. – Und wie ist das heute? Genau gleich, wie ich meine!
Vom großen Musikgenie Anton Bruckner wird folgendes erzählt. Als er bei der Christmette die Orgel gespielt hatte, drängte es ihn, in der Kirche zu bleiben. Als ihn der Mesner am nächsten Tag in der Früh ganz verklärt vor der Krippe kniend fand, war er völlig verblüfft. Doch Anton Bruckner antwortete ganz schlicht: „Gott ist Mensch geworden. Da kann man nur staunen, anbeten und danken!“ Ein berührendes Zeugnis eines ganz großen Genies.
Was ich damit sagen möchte: Wer Gott finden will, der muss sich klein machen und wer Gott sucht - staunend, betend und dankend -, bei dem kommt garantiert der Mensch nicht zu kurz, auch wenn das heute die Angst vieler Zeitgenossen ist! Genau das Gegenteil ist der Fall! Wer in Gott eintaucht, der taucht bei den Menschen auf!
Weihnachten ist also kein Gefühl, sondern eine Realität! Doch wohlgemerkt: Weihnachten will eine Realität bleiben! D.h. die Menschwerdung Gottes will und soll weitergehen auch nach den Feiertagen, wenn längst wieder der Alltag eingekehrt ist. Das kann dann sein, wenn wir menschenfreundlich miteinander umgehen; wenn wir anderen Liebe schenken, wenn wir uns - so wie Maria und Josef - von Gott überraschen lassen und IHM etwas zutrauen, wenn wir - so wie die Hirten - voller Sehnsucht die Herzen für ihn öffnen usw. Immer dann geschieht Menschwerdung und immer dann ist Weihnachten mehr als ein Gefühl!
Und ein Letztes noch.
Für die Menschen, die heute dort leben, wo Jesus geboren wurde, ist Weihnachten alles andere als ein Gefühl. Sie leiden unter der Brutalität des Krieges. Ihre Not schreit zum Himmel. Sie werden getötet und gedemütigt. Ihnen allen gehört unsere volle Solidarität. Dass wir an sie denken und für sie beten, ist wohl das mindeste, was wir für sie tun. Auch für sie und gerade für sie ist Gott in Jesus Christus Mensch geworden. Denn ER ist der Retter der Welt, die Hoffnung aller Menschen, die nichts mehr ersehnen als den Frieden! Ich wünsche Ihnen gesegnete Weihnachten!
Weihbischof Dr. Hansjörg Hofer
Geistlicher Beirat des Verbandes der Krippenfreunde Österreichs