Liebe Krippenfreundinnen!
Liebe Krippenfreunde!
In vielen Häusern und Wohnungen steht eine Krippe. All diese Krippen zeigen uns sehr anschaulich, was wir zu Weihnachten feiern. Gott wird Mensch! Der große Gott wird ein kleines Kind!
Apropos Krippe: Die diesjährige Weihnachtskrippe auf dem Platz vor dem Petersdom in Rom wird dem franziskanischen Wallfahrtsort Greccio nachempfunden, der mit der Krippentradition besonders verbunden ist. In Greccio hat nämlich der hl. Franz von Assisi 1223 - also genau vor 800 Jahren - die Geburt Jesu in Bethlehem anschaulich und sehr stimmungsvoll in einer Grotte nachgestellt und nachgefeiert. Damit hat er die heute weltweit verbreitete Tradition der Weihnachtskrippen begründet.
Doch Weihnachten ist keine Stimmung, sondern eine Realität; man könnte auch sagen: ein Einbruch Gottes in unsere Welt, eine Revolution! Ein Ereignis also, das so sehr in das Weltgeschehen eingegriffen hat, dass wir seitdem die Geschichte in eine Zeit vor und nach Christi Geburt einteilen.
Das Eigentliche und Wichtigste zu Weihnachten ist und war zu allen Zeiten die Botschaft des Engels: „Heute ist euch der Retter geboren“ (Lk 2,11)!
Doch der nüchterne Blick auf die Gegenwart zeigt uns: Die Welt, so scheint es, ist völlig aus den Fugen geraten. Und wir singen trotzdem zu Weihnachten im Schein der Kerzen vom „holden Knaben im lockigen Haar“ und schwärmen von der Idylle einer „fröhlichen, seligen, gnadenbringenden Weihnachtszeit“.
Doch machen wir uns da nicht etwas vor, wenn wir behaupten: „Christus, der Retter ist da“? - Was sollen wir also tun? Verstummen oder weitersingen, klagen oder feiern?
Für uns Christinnen und Christen gibt es darauf eigentlich nur eine Antwort! Wir brauchen Weihnachten mit seiner frohmachenden und trostvollen Botschaft, mit seinen Visionen und Hoffnungsbildern! Wenn wir uns keine Welt ohne Hass und Krieg vorstellen; wenn wir uns nicht ausmalen, wie ein harmonisches Zusammenleben im Kleinen wie im Großen gelingen könnte; wenn wir keine Vision haben, wie eine Gemeinschaft und Welt aussehen müsste, in der man ehrlich und gerecht miteinander umgeht, dann verkommen wir und fallen über kurz oder lang in eine tiefe Depression und Gleichgültigkeit.
Doch wohlgemerkt: Gerade weil Gott Mensch geworden ist, kennt er unsere Not und unsere Sorgen, unsere Ängste, Sehnsüchte, Ausweglosigkeiten, Kümmernisse, Fragen, unsere Ohnmacht und Hilflosigkeit, unsere Verrücktheiten und auch Dummheiten. Und solche gibt es mehr als genug oder?
Da denke ich an die vielen zerrissenen Familien in der Ukraine, aber auch in Russland und anderswo, denen heute wegen des sinnlosen Krieges nicht zum Feiern zumute ist oder auch an die unzähligen schuldlosen Leute, die buchstäblich vor dem Nichts stehen; die frieren, weil sie keinen Strom haben usw.
Ich denke aber auch an alle, die sich bei uns das normale Leben nicht mehr leisten können. Ich denke an die Flüchtlinge, Kranken und alle, deren Beziehung zerbrochen ist; ich denke an die Suchenden, Hilflosen, Einsamen und Armen, an die Tragödien im Großen wie im Kleinen, an die vielen Nöte und Sehnsüchte!
Und was besonders bitter und schmerzvoll ist: ich denke an den furchtbaren Krieg in Israel, also genau in jenem Land, wo Jesus Mensch geworden ist. Dass dort im Heiligen Land das Leben für alle Betroffenen zur Hölle geworden ist, ist ein Skandal und tut weh.
Doch für all jene, die im Dunkeln und Ungewissen leben, ist Gott Mensch geworden! Weihnachten, d.h. Menschwerdung heißt also: Gott hält sich nicht heraus, ER lässt uns nicht im Stich; ER teilt vielmehr unser Leben mit allen Höhen und Tiefen, ER steigt herab bis in die dunkelsten Niederungen unseres Lebens! Deswegen können wir uns mit all unseren Nöten an IHN wenden.
Diese vorbehaltlose Zuwendung Gottes zu uns Menschen feiern wir zu Weihnachten! Wenn wir also trotz allem darauf vertrauen, dass Gott ein Herz für uns hat, sind wir Zeugen für Jesus Christus, dessen Geburt wir feiern!
Weihnachten heißt aber auch: im Kind in der Krippe schaut uns Gott an! Im Klartext bedeutet das: Das „holde Kind mit dem lockigen Haar“ ist der Sohn Gottes! Die Kirche kleidet das in das Bekenntnis: Jesus Christus ist Gott und Mensch zugleich! Dass er Gott ist, hat schon der Erzengel Gabriel betont, wenn er zu Maria sagt: „ER wird groß sein und Sohn des Höchsten genannt werden“ (Lk 1,32). Und als Sohn Gottes ist er auch unser Retter und Heiland, der uns zuruft: „Kommt alle zu mir, die ihr euch plagt und schwere Lasten zu tragen habt. Bei mir werdet ihr Ruhe und Hilfe finden“ (Mt 11,28)!
Weihnachten feiern heißt also weiter: Diese Einladung anzunehmen und uns mit all dem an das göttliche Kind zu wenden, das uns zu schwer, zu groß, zu hoffnungslos und unverständlich ist! Denn zu wem sollten wir denn sonst gehen, wenn wir am Boden sind, wenn nicht zu Jesus?
Wenn wir deswegen unsere Knie beugen vor dem Kind in der Krippe und uns vom IHM ansprechen und aufrichten lassen, dann sind wir Zeugen des Weihnachtsgeheimnisses, d.h. Zeugen für Jesus Christus!
Ja, wir haben große Sorgen. Aber es gibt einen, der für uns Mensch geworden ist und zu uns steht: Jesus, unser Herr! Und im Kind in der Krippe schaut uns Gott an! Das feiern wir zu Weihnachten! Deswegen verneigen wir uns gläubig und demütig vor dem göttlichen Kind. Dass dies allerdings Konsequenzen hat, ist uns hoffentlich bewusst! Denn Liebe wartet auf Gegenliebe!
Also noch einmal: In einer Situation wie der gegenwärtigen sind wir dankbar für die Botschaft, die von Weihnachten ausgeht; die Mut macht und Zuversicht geben kann. Denn Gott geht mit uns Menschen durch alle unsere Krisen. Er lässt uns nicht allein! Ich wünsche Ihnen gesegnete Weihnachten!
Weihbischof Dr. Hansjörg Hofer
Geistlicher Beirat des Verbandes der Krippenfreunde Österreichs