Liebe Krippenfreundinnen!
Liebe Krippenfreunde!
Advent! Dieses Wort bringt Vieles in uns zum Klingen und Schwingen. Es sind sehr vertraute Töne, die da in uns wach werden; Erinnerungen, die zurückreichen bis in unsere Kindheit. Dieses traute und inhaltsvolle Wort Advent heißt übersetzt „Ankunft“. Und weil man auf eine Ankunft warten muss, ist der Advent die Zeit der Erwartung schlechthin.
Apropos warten: Dieses Warten gehört zu unserem Leben. Immer und überall müssen wir warten. Wir warten an der Bushaltestelle, auf den Briefträger, im Wartezimmer, auf den Feierabend, auf die Einberufung, auf den ärztlichen Befund usw. Kinder können nicht warten. Erwachsene natürlich auch nicht. Leben ist immer ein Warten. Auch das Christsein!
Aber - und das ist auf den ersten Blick zumindest eigenartig -, als Christinnen und Christen warten wir eigentlich auf jemanden, der im Grunde schon gekommen ist. Und das ist Jesus Christus, unser Herr und Meister. Vor 2000 Jahren ist er als Kind in Betlehem sichtbar und greifbar in unsere Welt eingetreten. Empfangen durch den Hl. Geist, geboren von der Jungfrau Maria, wie die Kirche bekennt. Die Jahrhunderte vorher waren für die Menschen wirklich ein großer Advent, eben ein Warten auf den ersehnten Messias, Erlöser und Retter. Sie mussten buchstäblich auf IHN warten, den die Propheten stets neu verheißen und angekündigt haben.
Advent ist aber nicht nur der Blick zurück - hin zu jener ersten Ankunft des Gottessohnes in Betlehem, Advent ist genauso der Blick in die Zukunft. Denn der, der bereits angekommen ist, wird wiederkommen und zwar am Ende der Tage in großer Macht und Herrlichkeit, wie die Hl. Schrift sagt. Weil also diese zweite Ankunft Christi noch aussteht, ist auch unser Leben ein Advent, d.h. ein großes Warten auf dieses Ereignis. So gesehen ist das Leben eines jeden Christen ein Leben in Wartestellung.
Was aber ist, wenn uns das Warten zu lang wird? Was ist, wenn der oder die Erwartete einfach nicht zu kommen scheint? - Dann lässt die Spannung nach, wir werden müde und schlafen vielleicht sogar ein. Weil uns das auch als Christen passieren könnte, was Gott jedoch verhüten möge, ruft uns der Herr immer wieder auf, wachsam zu sein, denn niemand kennt den Tag noch die Stunde, wann der Menschensohn kommt und anklopft.
Um wirklich wach zu bleiben, versammeln sich die Christen Sonntag für Sonntag zur Feier der hl. Eucharistie. Und dies tun wir solange, „bis ER kommt in Herrlichkeit“, wie wir jedes Mal nach der Wandlung bekennen.
Und so ist der Advent nicht nur eine Zeit im Kirchenjahr, eben die Wochen vor Weihnachten, sondern vor allem eine Lebens- und Glaubenshaltung. Recht betrachtet leben wir Christen also in einer großen Spannung. Es ist die Spannung zwischen „schon“ und „noch nicht“, die wir auszuhalten haben. Denn einerseits ist Christus bereits gekommen, andererseits aber steht sein Kommen noch aus. Und auf dieses Ereignis am Ende der Zeit ist unser ganzes Leben hin geordnet. So viel zum großen Advent, der hinter uns, aber auch noch vor uns liegt.
Werfen wir jetzt noch einen kurzen Blick auf den sog. kleinen Advent, der heuer als Zeit der Vorbereitung auf Weihnachten nur drei Wochen dauert. Weil er eben diesmal so kurz ist, ist die Gefahr groß, dass die Geschäftigkeit heuer noch größer wird als in den letzten Jahren. Dazu eine kleine Geschichte.
Ein großer König im Morgenland besuchte seinen geistlichen Meister und sagte zu ihm: „Ich bin dauernd äußerst beschäftigt. Kannst du mir sagen, was ich tun muss, um trotzdem mit Gott vereint zu sein? Aber antworte mir nur mit einem Satz!“ Darauf entgegnete ihm der Meister: „Ich werde dir sogar nur mit einem einzigen Wort antworten!“ „Und wie lautet dieses Wort?“, fragte der König. Der Meister sagte: „Stille!“ „Und wie kann ich Stille finden?“, wollte der König nun wissen. Der Meister antwortete: „Nur in der Stille!“ Soweit die Geschichte.
„Stille pur“ werden wir nicht schaffen, deshalb sollten wir es versuchen mit „Stille wohl dosiert“! Eine wohl dosierte Stille sollte jedoch jeden Tag drinnen sein. Im Zentrum von Berlin hat man einen Raum geschaffen, über dessen Eingang zu lesen ist: „Treten Sie ein, hier dürfen Sie schweigen!“ So ein Raum sind auch unsere Kirchen. Solche Räume zum Stillwerden sind auch die Gottesdienste, besonders die sog. Roratemessen im Advent. Aber wem sollten wir denn Raum geben in dieser Stille? Wohl Christus, dessen Ankunft wir mit wachem Herzen erwarten!
Und so stehen wir wieder am Beginn eines neuen Kirchenjahres. Ein Kirchenjahr ist nicht die stets gleichbleibende Wiederkehr der immer gleichen Feste. Es gleicht deswegen auch nicht einem Kreis, sondern vielmehr einer Spirale. Eine Spirale lässt uns nicht - so wie ein Kreis - immer auf der gleichen Stelle treten; eine Spirale bringt uns Jahr für Jahr unserem Ziel näher. Und dieses unser Ziel ist die Wiederkunft des Herrn am Ende der Tage. Gebe Gott, dass wir in diesem heurigen Advent diesem Ziel wieder näherkommen!
Ich wünsche Ihnen eine wesentliche und gesegnete Adventzeit!
Weihbischof Dr. Hansjörg Hofer
Geistlicher Beirat des Verbandes der Krippenfreunde Österreichs